Lieblings-Spiele
Sage mir, was du spielst - und ich sage dir, wer du bist.
Hier verraten einige der Spieleerklärer von Jena spielt , was sie besonders gern spielen. Wir spielen zwar oft und gern gemeinsam, trotzdem hat jeder seine speziellen Vorlieben. Vielleicht gibt es auch mal mehr als ein Lieblingsspiel - es fällt immer so schwer, sich zu entscheiden.
Fred - Ruhm für ROM
Warum mag ich Ruhm für ROM?
Ich bin vorbelastet, da mich Geschichte sehr interessiert und somit Spiele mit geschichtlichem Hintergrund bei mir einen besonderen Stellenwert einnehmen. Zum anderen mag ich Spiele, die trotz „überschaubarer“ Anleitung einen hohen Komplexitätsgrad aufweisen. Der dritte Aspekt ist die Vielzahl an Möglichkeiten die Karten einzusetzen. Jede Karte hat die Möglichkeit 5 verschiedene Funktionen innezuhaben.
Worum geht’s bei Ruhm für ROM?
Die Spieler versuchen durch geschicktes Ausspielen ihrer Handkarten verschiedene Gebäude zu errichten und damit zu punkten. Hierbei hat man immer die Qual der Wahl, wie man die Karte einsetzt.Sie kann dienen als:
- Baumaterial (Schutt, Holz, Ziegel, Beton, Marmor)
- Fundament (für eine Vielzahl von Gebäuden, welche nach Fertigstellung bestimmte Boni bringen)
- Geldanlage (bei Verkauf über den Kaufmann und Ablage in der Privatschatulle)
- Klient (Arbeiter, Legionär, Handwerker, Baumeister, Handwerker, Kaufmann oder Patron)
Durch diese Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten gerät man selten in eine Sackgasse und kann seine Strategie auch mal anpassen, wenn es nicht so läuft wie geplant. Außerdem gibt es da noch eine Jokerkarte, den Senator, welcher die Rolle jedes Klienten annehmen kann.
Schlussendlich besitzen die Karten ein ansprechendes Design und sind so gestaltet, dass sich trotz der Vielfalt an Funktionen die Einsatzmöglichkeiten gut erschließen.
Hauke - Space Alert
Das Lieblingsspiel gibt es natürlich nicht. In den letzten Jahren haben sich immer mehr kooperative Spiele in den Spieleabteilungen und -bibliotheken eingenistet, eine Epidemie, die nicht erst seit Pandemic grassiert.
Eines davon möchte ich hier vorstellen, nicht nur weil es sich recht hochfrequent spielen läßt, ohne daß Langeweile aufkommt, sondern vor allem, weil es für mich eine Ausnahme ist, die die Regel bestätigt: ich mag keine Echtzeitspiele, das ist nicht meine bevorzugte Form von Streß. Es handelt sich um ein Spiel, während dessen eigentlicher Spielphase eine CD abgespielt wird: Space Alert.
Wie immer beim Autor Vlaada Chvátil lädt die Anleitung mit erheiterndem Flavourtext dazu ein, sich in die Situation hineinzuversetzen. In diesem Fall soll ein Raumschiff einfach nur durch die Gegend düsen und heil zurückkommen.
Zu diesem Zweck legen die Spieler aus ihren Handkarten verdeckt eine Folge von Anweisungen ab, was ihre Figur tun soll, und führen entsprechende Aktionen auf dem Spielplan aus.
Gelegt wird in Phasen, die je eine feste Zahl von Anweisungen haben, wobei spätestens dann in eine neue Phase gewechselt werden muß, wenn eine entsprechende Ansage von der CD ertönt. Ein Track, der stets alle Phasen umspannt, dauert jeweils 10 Minuten.
Da das Spiel nicht rundenbasiert ist, sondern asynchron parallel gespielt wird (es gibt keine Downtime: man muß nie auf andere warten), kann ein Spieler bereits seine sechste Anweisung legen, während ein anderer mit seiner dritten beschäftigt ist. Dann muß man aufpassen, daß die entsprechenden Aktionen auf dem Spielplan in der korrekten zeitlichen Abfolge funktionieren, denn dies ist nur die Planung.
Ist der Track abgelaufen, wird die Ausgangssituation wiederhergestellt und Schritt für Schritt ausgewertet, was die Spieler /tatsächlich/ abgelegt haben. In die Planung kann nicht mehr eingegriffen werden. Da kann es böse Überraschungen geben, wenn im Eifer des Gefechts eine andere Anweisung gelegt wurde als geplant oder der zeitlich koordinierte Ablauf nicht stimmt.
Gegenüber anderen Favoriten reizen hier nicht nur die abstrakten Spielmechaniken. Bei kooperativen Spielen kommt es ganz wesentlich auf die Gestaltung der Kommunikation und die Verteilung der Information an. Und gerade die Kommunikation und kooperative Koordination sind es, die hier besonders gefragt sind, und den Reiz des Spieles ausmachen.
Hier ist die Kommunikation an sich frei (alle Information darf geteilt werden), aber es kann zu Kommunikationsstörungen kommen, während derer die hektischen Absprachen verklingen und jeder eher für sich selbst spielt. Im Gegensatz zu anderen kooperativen Spielen mit öffentlichen Informationen wie Pandemie, aber auch Spielen wie Legenden von Andor kann hier nicht ein Profi alle anderen anweisen, wie am besten gespielt wird: Einerseits ist die Zeit zu knapp, andererseits sind die Mitspieler mindestens in Zeiten der Kommunikationsstörung wirklich eigenverantwortlich aktiv; und auch die Umsetzung der Planung auf dem Spielplan führt jeder Spieler selbst durch.
Die Informationen der einzelnen Spieler sind Handkarten, der Rest ist ein öffentlich einsehbarer Zustand von Raumschiff und Bedrohungen. Die Informationen, welche Unbill dem Team aus den Weiten des Alls in Form sowohl externer als auch interner Bedrohungen wann ins Haus steht, ob Bagatelle oder ernsthafte Bedrohung, kommen abhängig vom CD-Track zu unterschiedlichen Zeiten.
Der Schwierigkeitsgrad läßt sich dabei durch Eingrenzen der Auswahlen aus den Tracks und/oder unterschiedlich gravierender Bedrohungen anpassen.
Allen, die das Spiel spielen möchten, sei empfohlen:
- nicht zu stolpern (das verzögert alle weiteren Aktionen)
- nicht zu vergessen, am Ende die Aussicht zu genießen (das gibt Extrapunkte)
- und vor allem nicht zu vergessen die Taste des Bordcomputers zu drücken, denn niemand möchte, daß der Bildschirmschoner aktiv wird … (findet selbst heraus, was das bedeutet – oder lieber nicht)
Jens - Viticulture
Ich mag thematische Spiele - solche, bei denen man nicht das Gefühl hat, dass irgendein absatzförderliches Thema auf einen Spiel-Mechanismus aufgesetzt wurde. Ein positiver Nebeneffekt solcher Spiele ist, dass sich die Regeln auf fast natürliche Weise aus dem Thema ergeben - das sind also auch Spiele, die sich gut erklären lassen und deren Regeln leichter im Kopf bleiben. Gleichzeitig sollte das Spiel genug Variabilität und Zufallskomponenten haben, so dass man jedes Mal etwas anders spielen kann/muss.
Ein wunderbares Bei-Spiel dafür ist Viticulture von Jamey Stegmaier. Ich besitze natürlich die Original-Kickstarter-Edition mit der Tuscany-Erweiterung - und natürlich mit den wunderschönen Metallmünzen. Inzwischen gibt es von Feuerland auch eine deutsche Version Viticulture Essential Edition sowie Tuscany Essential Edition und diverse Erweiterungen (Besuch aus dem Rheingau, In Vino Veritas).
Es geht um Weinbau - schon beim Thema kommen positive Gefühle auf. Und dieses positive Gefühl bleibt das ganze Spiel über erhalten. Man versucht dies und das, um sein eigenes Weingut prosperieren zu lassen. Natürlich konkurriert man mit den Weingütern der anderen Mitspieler - aber diese Konkurrenz ist nicht zu konfrontativ. Natürlich ist es von Vorteil, wenn man eine Aktion als Erster nutzen kann - aber meist ist auch für andere noch Platz bei der gleichen Aktion. Oder man benutzt seinen Ober-Winzer, der auch ohne Platz eine unbedingt notwendige Aktion ausführen kann.
Dabei ergeben sich die möglichen Aktionen aus dem immer wiederkehrenden Wechsel der Jahreszeiten und sind auf dem Spielplan mit sehr guter Symbolik gut erklärt. Größtes Problem ist, dass jeder Mitarbeiter nur ein Mal während des Jahres in Aktion treten kann - und das Anwerben neuer Mitarbeiter ist gerade zu Anfang sehr umkämpft.
Variabilität ergibt sich vor allem aus den sogenannten Besucherkarten, die manches erleichtern, manchmal aber auch Möglichkeiten für zusätzliche Siegpunkte bergen, die man zum richtigen Zeitpunkt einsetzen kann. Denn das Spiel geht nicht über eine festgelegte Anzahl an Runden (Jahren), vielmehr wird das letzte Jahr eingeläutet, wenn jemand eine vorgegebene Siegpunktzahl überschreitet. Es ist also vor allem eine Frage des richtigen Timings, ob man dann im letzten Jahr noch den lange gealterten, wertvollen Wein aus seinen Kellern verkaufen und so in Siegpunkte umwandeln kann - oder aber ein paar Siegpunkte aus der Kartenhand zaubert.
Philip - Die Glasstraße
Glasstraße von Uwe Rosenberg
Feuerland-Spiele, 1-4 Spieler, ca. 20 Minuten pro Spieler
Das Spiel besticht durch seinen Spielwitz, sein originelles Spielprinzip. In Kürze:
Mit Hilfe von Aktionskarten lassen sich Rohstoffe generieren. Diese benötigt man zum Kauf von Gebäuden, die Siegpunkte bringen. Nach vier Runden wird abgerechnet.
Was macht Glasstraße nun so faszinierend?
- Jeder hat die gleichen 15 Aktionskarten und sucht sich aus diesen fünf Stück für jede Runde aus. Nur drei davon dürfen aktiv eingesetzt werden, bei den anderen beiden bedarf es Glücks und der "Hilfe" der Mitspieler.
- Viele Rohstoffe erhält man aktiv, einige nur passiv, übersichtlich dargestellt durch den erstmalig in diesem Spiel eingesetzten "Produktionsrad"-Mechanismus.
- Es gibt sehr viele Gebäudekärtchen, doch nur wenige davon kommen in den vier Runden ins Spiel. Dadurch ist jedes Spiel anders und jedes Mal muss man eine neue passende Strategie suchen.
Uta - AZUL
Seit meinem Lissabon-Besuch im Oktober 2014 hege ich eine gewisse Leidenschaft für Portugal und die bunten portugiesischen Fliesen, die Azulejos. Da ist AZUL natürlich genau das richtige Spiel für mich.
Das farbenfrohe Cover begeisterte mich sofort und mir gefällt auch die Geschichte, die hinter der Spiel-Idee steht: die Mitspieler haben den Auftrag, den Königspalast von Manuel I. in Evora mit den schönsten Fliesenmustern zu verzieren. Nach schnell erklärten Regeln werden zunächst Fliesen aus verschiedenen Manufakturen ausgesucht und dann an den Wänden, den sehr schön gestalteten Spieler-Tableaus, angeordnet.
Das Ganze passiert mit einer guten Mischung aus Glück und Strategie und es gibt viele Möglichkeiten, Zusatzpunkte zu ergattern, die erst am Spielende zusammengezählt werden. So bleibt es bis zum Schluss spannend, wer wohl das „wertvollste Muster“ geschaffen hat. Auch Wenig-Spieler lassen sich schnell für dieses Spiel begeistern. Und es bleibt nie bei einer Spielrunde…
Manchmal gebe ich meiner Lieblingsfliese den Vorzug und verzichte dafür auf ein paar Punkte. Aber ich verrate nicht, welche es ist ;-)
PS: Das i-Tüpfelchen dieses so ansprechend gestalteten Spiels ist für mich übrigens der blau bedruckte Leinenbeutel, in dem die Fliesen-Spielsteine aufbewahrt werden.